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Einige spiel-theoretische Grundlagen des Tischtennis-Spiels unter besonderer Berücksichtigung der letzten Regeländerungen

Gerade die letzten Regeländerungen haben die aktiven und passiven Freunde des Tischtennis-Spiels in zwei „Lager“ gespalten : während die Funktionäre die Neuerungen als wegweisend anpreisen, steht die überwiegende Mehrzahl der Aktiven den Regeländerungen ablehnend gegenüber (Ausnahmen in beiden „Lagern“ bestätigen die Regel).

Dies habe ich zum Anlaß genommen, einmal die spiel-theoretischen Grundlagen des Tischtennis-Spiels herauszuarbeiten. Darauf fußend können die letzten Regeländerungen objektiver beurteilt werden.

Zum (besseren) Verständnis der nachfolgenden Ausführungen sind gewisse Grundkenntnisse auf den Gebieten der Wahrscheinlichkeits- und Spieltheorie sowie Physik (Mechanik, Kinetik) notwendige Voraussetzung. Ohne diese ist ein Verstehen des Wesens des Tischtennis-Spiels nicht möglich. Deshalb möchte ich an dieser Stelle gegebenenfalls auf entsprechende Fachliteratur verweisen.


„Der Ball ist rund . . .“, „Der Pokal hat seine eigenen Gesetze . . .“, „Ein Spiel dauert 90min . . .“ bzw. „Ein Satz endet bei 21 Punkten“ (neuerdings ja schon bei 11 Punkten) . . .

Diese allseits bekannten Aussagen - die nicht nur auf Fußball und Tischtennis, sondern auf alle Ballspielarten ohne Schwierigkeiten anwendbar sind - bringen eine Eigenart einer bestimmten Klasse von Spielen zum Ausdruck : das Zufallsmoment ! Nicht nur bei Ball-, sondern auch bei Kartenspielen ist der Zufall von entscheidender Bedeutung. Ja, gerade dadurch erhält das Spiel erst seinen Reiz - es ist eben nicht deterministisch vorherbestimmt, wer gewinnt und wer verliert. (Ein Spiel wie Superhirn - MasterMind - verliert schnell an Reiz, wenn man die Logik verstanden hat und konsequent anwendet, es fehlt eben das Zufallsmoment ! Andererseits ist es fast hoffnungslos, die Lösung durch reines Ausprobieren - eben durch Zufall - finden zu wollen. In diesem Fall bietet ein Zufallsmoment also auch keinen Spielreiz.)

Für unsere Sportart ergibt sich nun durch das Zusammenspiel verschiedener Faktoren - wie Training, Begabung, Nervosität, Kampfgeist und dem Zufallsmoment (es gibt sicherlich noch weitere Eigenschaften, die aber an den prinzipiellen Gesetzmäßigkeiten nichts ändern) - folgende Konstellation :

Ich spreche von „relativer“ Wahrscheinlichkeit, weil natürlich beide Spielpartner mehr oder weniger trainieren können, begabt sein können usw. Bei gleicher Ausprägung dieser Eigenschaften bei beiden Spielpartnern ändert sich natürlich nichts an den Gewinn„chancen“ eines jeden Spielers. (Das Wort „Chance“ bringt ja schon zum Ausdruck, daß es sich um eine Wahrscheinlichkeit handelt.)

Durch das Zufallsmoment ist gegeben, daß es sich eben nur um Wahrscheinlichkeiten und nicht um Notwendigkeiten handelt (also daß der besser Trainierte oder Begabte notwendigerweise auch gewinnt) - und das Spiel dadurch interessant bleibt, eben weil der Ausgang nicht mit Sicherheit vorhergesagt werden kann.

Was macht nun den Reiz eines Spieles aus, was macht das Spiel (bleibend) interessant ? Ein Spiel wird dann interessant, wenn sowohl ein Zufallsmoment als auch eigenes Können/Wissen/Geschicklichkeit eine Rolle spielen.

Ein reines Zufallsspiel unterscheidet nicht zwischen Können und Unvermögen, Wissen und Unkenntnis, Geschicklichkeit und Grobmotorik. Dadurch wird der Spielausgang vollkommen offen und unvorhersehbar. (Wozu sollte ich bei einem solchen Spiel noch trainieren ? Das wäre reine Zeitverschwendung, denn der Spielausgang hängt davon in keinster Weise ab.)

Bei Spielen, bei denen es keinen Zufall gibt (bei Superhirn z.B. fast vollkommen erreicht; es gibt in (fast) jeder Situation eine optimale Strategie - nur in Ausnahmefällen kann es sein, das zwei oder drei Kombinationen als Lösung ohne zusätzliche Information gleichwertig sind), ist der Spielausgang bei Kenntnis der Startbedingungen vorhersehbar - im Prinzip braucht dann nicht mehr gespielt zu werden, da der Ausgang ja bekannt ist. (Wäre Tischtennis eine deterministisch geprägte Sportart, dann bräuchte ich zum Beispiel bei einem Turnier als Kreisliga-Spieler gar nicht erst gegen einen Bezirksliga-Spieler anzutreten, denn das Ergebnis stünde schon vorher fest - ich verlöre. In einem solchen Fall noch gegeneinander zu spielen wäre reine Zeitverschwendung.)

Das TT-Spiel erfährt seinen Reiz also dadurch, daß eine gewisse Ausgewogenheit zwischen Können/Ballgefühl usw. einerseits und dem Zufallsmoment andererseits herrscht. Durch intensives Training kann ich meine Spielstärke erhöhen (auch bei Abwesenheit von Ballgefühl !), andererseits ist durch das Zufallsmoment gewährleistet, daß auch der beste Spieler schlagbar ist.

(Ein weiterer Aspekt des Zufallsmomentes ist der, daß es tatsächlich keine „aussichtslosen Spiele“ gibt - „aussichtslos“ wird ein Spiel erst durch die Psyche, die meistens die relative Wahrscheinlichkeit, ein Spiel zu gewinnen, vermindert.)


Ich möchte nun auf einige Punkte einzeln eingehen, um deren besondere Bedeutung für das TT-Spiel hervorzuheben.

Die Rolle des Balles

Durch die physikalischen Eigenschaften Masse, Durchmesser (außen), Oberflächenbeschaffenheit (rauh, glatt), Härte des Materials und Drehung bzw. ihrer Verhältnisse zueinander werden die Flugeigenschaften des Balles im wesentlichen bestimmt. Dabei ist es wichtig, daß dem Ball eine über einen ausreichend langen Zeitraum hinweg (nämlich vom Abspringen vom Schläger an mindestens bis zum Auftupfen auf der gegnerischen Spielhälfte) definierte Flugbahn aufgezwungen werden kann.

Ist der Ball bei gegebenem Außendurchmesser zu leicht, gibt er seine kinetische (Bewegungs-) und Rotationsenergie zu schnell an die Luft ab und er fängt an zu trudeln - die Flugbahn wird chaotisch. In diesem Fall wird ein erfolgreicher (im Sinne von „Treffen der gegnerischen Tischhälfte“) Rückschlag mehr oder weniger zu Zufall.

Ist er dagegen zu schwer, kann er durch Reibung bei der Schlägerberührung vergleichsweise weniger Rotationsenergie aufnehmen, außerdem wird seine Flugbahn geradliniger. Bei gleichem Effet (Rotationsgeschwindigkeit) des Balles ist der Venturi- bzw. Magnus-Effekt (Ausprägung einer kurvenförmigen Flugbahn bei starkem Effet - dies ist unabhängig von der Schwerkraft !) weniger stark ausgeprägt. Somit wird es wesentlich schwieriger, aus der Flugbahn des Balles auf dessen Effet zu schließen. Dadurch wird das Zufallsmoment verstärkt.

Je rauher die Oberfläche des Balles ist (bei Konstanz der anderen Größen), desto mehr Effet kann dem Ball bei der Schlägerberührung übertragen werden. Andererseits wird auch während des Fluges mehr Rotationsenergie an die Luftmoleküle abgegeben.

Die Härte des Ballmaterials bestimmt sein Absprungverhalten vom Schläger (natürlich spielt hier die Belagcharakteristik eine größere Rolle) und auf der Platte. Je härter das Ballmaterial ist, desto kürzer wird die Berührungszeit bei gegebener Masse, Oberflächenbeschaffenheit und Durchmesser, und desto weniger kinetische und Rotationsenergie kann der Ball aufnehmen oder abgeben.

Was ergibt sich nun aus dem vorstehend Beschriebenen für die geeignete Wahl des Balles für das TT-Spiel ? Er muß in seinen Eigenschaften „ausgeglichen“ sein. Er darf nicht zu schnell fliegen (dann reicht die Reaktionszeit nicht mehr aus für einen sinnvollen Rückschlag - beim Tennis-Aufschlag z.B. ist die Grenze erreicht und das Zufallsmoment überwiegt - zumindest beim ersten Aufschlag - zu stark), aber auch nicht zu langsam (dann stellt das Spiel keine bzw. eine zu geringe Herausforderung an Reaktionsvermögen und Können). In beiden Fällen wird das Spiel letztlich langweilig.

Darüber hinaus ist es wünschenswert, aus der Form der Flugbahn auf den Effet des Balles schließen zu können, um das Zufallsmoment weiter einzuschränken.

Es gibt keinen „idealen“ Ball, aber sowohl der alte, kleinere 38mm Ball, als auch der neue, größere 40mm Ball stellen gute Annäherungen an ein Optimum dar, wobei ersterer aus folgenden Gründen als optimaler einzustufen und deshalb zu bevorzugen ist :

Aus dem vorletzten Punkt ergibt sich der (einzige ?) Nachteil : durch das Frischkleben des Schlägerbelags kann der Ball nun so stark beschleunigt werden, daß dem Gegenspieler zu wenig Zeit zum reagieren verbleibt und das Zufallsmoment dadurch zu stark ausgeprägt wird - das Spiel wird langweilig !

Um diesen Mißstand zu beseitigen und das gestörte Gleichgewicht zwischen Können/Geschicklichkeit und Zufallsmoment wieder herzustellen, gibt es nun verschiedene Lösungen :


Die Rolle des Aufschlags

Der Aufschlag dient dazu, den Ball ins Spiel zu bringen. Daran anschließend soll sich ein mehr oder weniger langer, sowohl für die Spieler als auch für die Zuschauer interessanter Ballwechsel anschließen. Auch hier gibt es wieder mehrere „Varianten“.

Im ersten Fall hat keiner der beiden Spieler durch die Ausführung des Aufschlags einen Vor- oder Nachteil und aus dem Spielverlauf heraus ergibt sich der bessere Spieler. Bei dieser Variante würde sicherlich ein belebendes „Überraschungsmoment“ vollkommen fehlen und sowohl Können als auch Zufallsmoment haben geringen Einfluß, was sehr schnell zu Langeweile führen würde (die Folge wären jeweils lange Ballwechsel, was auf die Dauer wiederum eintönig und damit langweilig würde).

Am anderen Ende der Skala steht dieser Fall : entweder der Aufschläger oder der Rückschläger hat sehr große Vorteile und käme mit nahezu 100%iger Wahrscheinlichkeit zum direkten oder nach dem Rückschlag zum Punktgewinn. Hier käme es nur auf das Können des einen Spielers an, beim anderen dagegen spielte nur das Zufallsmoment eine Rolle. Auch diese Situation ist recht langweilig, weil keine Ausgewogenheit mehr im Spiel ist und nur sehr kurze Ballwechsel zustandekommen (sofern man hier überhaupt noch von „Ballwechsel“ sprechen kann).

Ideale Verhältnisse lägen dann vor, wenn der Aufschläger durch einen „intelligenten“ Aufschlag nominell einen Vorteil für sich schaffen könnte (also die relative Wahrscheinlichkeit, den Punkt direkt oder nach dem Rückschlag zu machen, sich erhöhte bzw. die relative Wahrscheinlichkeit, den direkten Punktverlust hinnehmen zu müssen, sich verringert), im Gegenzug aber der Rückschläger genauso durch Können die Chance hat, diesen Vorteil wieder aufzuheben (also die relative Wahrscheinlichkeit, den Punkt durch einen sehr guten Rückschlag direkt zu machen, steigt bzw. die relative Wahrscheinlichkeit, einen Punktverlust durch einen schlechten oder mißglückten Rückschlag zu erleiden, sinkt). Auch beim Aufschlag sollte sowohl für den Auf- wie für den Rückschläger ein Gleichgewicht zwischen Können und Zufallsmoment erreicht sein. Dann ist gewährleistet, daß sich ein für alle Beteiligten (bleibend) interessantes Spiel ergibt.

Es gibt kein stichhaltiges Argument dafür, einen trickreichen Aufschlag zu verbieten, der dem Aufschläger einen nominellen Vorteil verschafft - solange der Rückschläger prinzipiell die Möglichkeit hat, diesen „Trick“ zu erkennen. Ob der Rückschläger dann über die spielerischen Möglichkeiten verfügt, das Erkennen des Effets des Balles in einen erfolgreichen (im Sinne davon, daß der Ball vom Rückschläger tatsächlich dort auf der Platte und mit dem Effet hingeschlagen wird, wo er ihn platzieren möchte) Rückschlag umzusetzen, ist dann „sein Problem“ - dies trennt letztlich den guten vom nicht so guten Tischtennisspieler.

Durch die derzeitige Regel, daß der Ball beim Aufschlag nicht hinter dem Körper getroffen werden darf beziehungsweise der neuen Aufschlagsregel, welche besagt, daß sich im Moment des Schlagens des Balles kein Körper- oder Kleidungsteil des Aufschlägers oder seines Doppelpartners inner- oder oberhalb des vom Netz und von gedachten Linien zwischen Ball und oberen Enden der Netzpfosten gebildeten Dreiecks in einer Höhe befinden darf, wo er den Ball für den Rückschläger verdecken könnte - meine Güte, was für ein komplizierter Satz ! -, ist gegeben, daß die Korrektheit des Aufschlags vom Schiedsrichter nur äußerst schwierig überwacht werden kann bzw. daß Spieler versuch(t)en, den Ball in der Phase des Treffens mit dem Schläger mit dem Körper (teilweise) so zu verdecken, daß der gegnerische Spieler nicht anhand der Schlägerbewegung sehen kann, welcher Effet dem Ball gegeben wird.

Dies zieht folgende Konsequenzen nach sich :

Welche Regel für das Ausführen des Aufschlags wäre demnach aus den obigen Überlegungen heraus sinnvoll ? Ganz einfach : „Der Ball muß beim Aufschlag vor oder neben dem Körper hochgeworfen werden und bei der Berührung mit dem Schläger vor oder neben dem Körper so getroffen werden, daß sowohl der Gegenspieler als auch die Schiedsrichter den Ball in jeder Phase des Aufschlags sehen können.“

In diesem Fall sind immer noch „Trickaufschläge“ machbar, aber der Rückschläger hat nun eine reellere Chance, den Effet des ankommenden Balles beurteilen zu können und geeignet darauf zu reagieren. Sowohl die Geschicklichkeit des Aufschlägers, unterschiedliche Aufschläge auszuführen, als auch das Können des Rückschlägers, diese anzunehmen und gut zu retournieren, werden gefördert und das Zufallsmoment tritt zurück.


Die Rolle der Auszeit (time out)

Das Nehmen einer Auszeit soll dazu dienen, einem sich in einer „kritischen“ Situation befindlichen Spieler eine einminütige Pause zu verschaffen, um ihm zum einen weitere Tips und zum anderen die Möglichkeit zu neuer Konzentration geben zu können - oder, z.B. bei mangelhafter Kondition, einfach eine Verschnaufpause zu gewähren.

Gleichzeitig erhält auch sein Gegenspieler diese Möglichkeiten. Auch er kann sich beraten lassen, sich neu konzentrieren oder nur eine Verschnaufpause einlegen.

Da für beide Spieler also nominell die gleiche Situation gegeben ist, ändert sich auch nichts an der Verteilung des Zufallsmomentes bezüglich der beiden Kontrahenten - und somit ist das Nehmen der Auszeit überflüssig !

Es gibt allerdings auch Situationen, in denen das Nehmen einer Auszeit auf die beiden Spieler unterschiedliche Auswirkungen zeitigt - aus rein psychologischen Gründen.

Hat ein Spieler einen „guten Lauf“ und erzielt mehrere Punkte hintereinander, so kann eine Auszeit des anderen Spielers den Spielfluß des ersteren unterbrechen - in diesem Fall dient das Nehmen der Auszeit also weniger dem Aufbau des eigenen Spielers als vielmehr dem Stören des anderen Spielers. Aus diesem Grunde ist das Nehmen einer Auszeit in einer solchen Situation als unsportlich zu bezeichnen und abzulehnen !

Eine andere Situation ist die, wenn nicht der Gegner so „gut“ ist, sondern ich so „schlecht“ bin und z.B. viele „leichte“ Fehler mache. In diesem Fall soll die Auszeit beruhigend wirken, mir die Gelegenheit geben, mich neu zu sammeln und zu konzentrieren. Dies wirkt dem Zufallsmoment entgegen. Hier ist einzuwenden, daß ich schon das gesamte Spiel über die Möglichkeit hatte mich zu konzentrieren (und der Gegenspieler natürlich auch) und wenn es bis jetzt nicht funktioniert hat, ist es fraglich, ob das durch das Nehmen einer Auszeit nachgeholt werden kann. In dieser Situation ist eine Auszeit zwar nicht unsportlich gegenüber dem Gegner, aber da (je nach meiner psychischen Verfassung) - wenn überhaupt ! - nur die relative Wahrscheinlichkeit, einen Punkt zu holen, zu meinen Gunsten verändert wird, ist der Sinn einer Auszeit zumindest infrage gestellt.

Wie die Praxis zeigt, ändert das Nehmen einer Auszeit meistens nichts am weiteren Spielverlauf - wie aufgrund des Wahrscheinlichkeitscharakters des Tischtennisspiels auch nicht anders zu erwarten ist ! Somit ist das Nehmen einer Auszeit letztlich bedeutungslos - außer daß es zu einer Spielunterbrechung führt und dadurch eher kontraproduktive Wirkung hat (die Konzentration der Spieler wird gestört). Aus diesem Grunde sollte das Nehmen einer Auszeit wieder aus den Regeln herausgenommen werden.


Die Rolle der Länge eines Satzes bzw. eines Spieles

Die Länges des Spieles ist von fundamentaler Bedeutung für die Akzeptanz des Tischtennisspiels. Dauert das Spiel zu lange, so wird es schließlich langweilig - egal, wie interessant die einzelnen Ballwechsel sind ! Hinzu kommt das Problem der praktischen Durchführbarkeit, die ab einer gewissen Spieldauer nicht mehr gegeben ist.

Ist das Spiel hingegen zu kurz, wird der Einfluß des Zufallsmomentes zu groß und das Spiel wird aufgrunddessen langweilig. Ähnlich wie bei der Größe des Balles gibt es auch hierbei keine ideale Lösung.

Je länger ein Spiel bzw. Satz dauert, desto mehr wird das Zufallsmoment herausgefiltert und das Können tritt in den Vordergrund. Gleichzeitig wird das Spiel mit zunehmender Spieldauer eintöniger und damit für alle Beteiligten langweiliger.

Es muß also ein Kompromiß gefunden werden. Da die alte Regelung (ein Satz ist nach 21 Punkten beendet, ein Spiel besteht aus zwei bzw. drei Gewinnsätzen, nach jeweils fünf Punkten wechselt der Aufschläger) sehr lange Bestand hatte und von praktisch niemandem als in irgendeiner Form negativ befunden wurde, soll diese für die nachfolgenden Untersuchungen als „Referenz“ bzw. „Idealfall“ dienen.

Welche Konsequenzen ergeben sich nun aus der neuen Regel, daß ein Satz schon nach 11 Punkten beendet ist ? Ist ein Satz anstatt nach 21 Punkten schon nach 11 Punkten beendet, so zählt praktisch jeder Fehler doppelt, das Zufallsmoment steigt rapide an ! Ebenso ist es notwendig, den Aufschlagwechsel bereits nach weniger als fünf Punkten durchzuführen, damit nicht ein Spieler einen zu großen Vorteil erhält - was andererseits aber dazu führt, daß das Spiel durch die ständige Wechselei immer zerfahrener wird. Besonders bei Doppel-Spielen macht sich dies bemerkbar, wo nun fast mehr gewechselt als gespielt wird . . .

Durch das schnellere Ende eines Satzes sind weiter diejenigen Spieler benachteiligt, die eine längere „Anlaufphase“ haben - für sie ist der Satz (das Spiel) schon zu Ende, während es nach der alten Regelung erst „begann“. (An dieser Stelle könnte nun eingewandt werden, daß dies nun quasi „Schicksal“ für diese Spieler mit längerer Anlaufphase ist - vorher waren eben die „Schnellstarter“ benachteiligt. Dieses Argument greift aber nur so lange, bis verlangt wird, daß der bessere Spieler gewinnen soll - und nicht der glücklichere !)

Dadurch, daß nun jeder Fehler einen viel höheren prozentualen Anteil am Gesamtspiel hat, wirkt er sich auch viel stärker aus. Dies hat wiederum zur Folge, daß sich die Spieler kaum noch „Lustbälle“ erlauben können. Das Resultat ist, daß weniger „kreative“, „intelligente“ Schlagvarianten eingesetzt bzw. ausprobiert werden (weil sie naturgemäß ein höheres Zufallsmoment besitzen und damit fehleranfälliger sind) und anstattdessen vermehrt „Standardschläge“ zum Einsatz kommen - das Tischtennisspiel verarmt und wird langweiliger !

Wird bei kürzeren Sätzen die Anzahl der Gewinnsätze erhöht, so wirkt dies einer Erhöhung des Zufallsmomentes entgegen - zumindest teilweise. Denn waren vorher 42 Punkte zum Spielgewinn notwendig (bei zwei Gewinnsätzen), sind es nach der neuen Regel nur noch 33 Punkte (bei nun drei anstatt zwei Gewinnsätzen). So wären also vier Gewinnsätze erforderlich, um das Zufallsmoment ungefähr auf gleichem Niveau wie vorher zu halten. Sind die Gegner aber einigermaßen gleich stark, steigt die Wahrscheinlichkeit, daß das Spiel nicht glatt 2:0, 3:0 oder 4:0 (je nach Anzahl der Gewinnsätze) ausgeht, sondern daß beide Spieler Sätze gewinnen und sich das Spiel dadurch insgesamt verlängert - bei vier Gewinnsätzen schließlich zu stark verlängert als daß es in einem Meisterschaftsspiel aus Zeitgründen durchzuhalten wäre.

Die neue Regelung hat also aufgrund spiel-theoretischer Überlegungen nur Nachteile gegenüber den alten Regeln - bestenfalls kann sie annähernd gleichwertig werden (wenn nämlich vier Gewinnsätze gespielt werden).


Empfehlungen, die sich aus obigen Ausführungen ergeben

Aufgrund der oben herausgearbeiteten spiel-theoretischen Überlegungen lassen sich folgende Regeländerungen ableiten, durch die das Tischtennisspiel wieder (bleibend) interessant würde :


Mittlerweile ist der erste Schritt in die richtige Richtung gemacht worden, ab dem 1. Juli gilt eine neue Aufschlagsregel, die den obigen Empfehlungen entspricht ! :-) Hoffen wir, daß die nächsten Regeländerungen zum Guten bald folgen !


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Kai Schröder, 11.6.2002